
Die meisten technologischen Innovationen scheitern nicht an der Forschung, sondern an der fehlenden operativen und finanziellen Strategie für die Kommerzialisierung.
- Das „Valley of Death“ ist eine überwindbare Finanzierungs- und Strategielücke, kein unvermeidbares Schicksal.
- Die Entscheidung zwischen Lizenzierung, Eigenproduktion und Ausgründung muss auf einer datengestützten Matrix basieren, nicht auf Bauchgefühl.
- Der Produktionshochlauf ist die kritischste Phase, in der die meisten Kosten explodieren und Projekte scheitern.
Empfehlung: Behandeln Sie den Technologietransfer nicht als Übergabe, sondern als einen stringenten, KPI-gesteuerten Geschäftsprozess – von der TRL-Bewertung bis zur Payback-Kalkulation.
Deutschland ist eine Supermacht der Forschung. Doch während in den Laboren bahnbrechende Entdeckungen gemacht werden, versanden unzählige dieser Innovationen auf dem Weg zum Markt. Innovationsverantwortliche und Technologietransfer-Manager kennen dieses Dilemma nur zu gut: Man verfügt über exzellente Forschungsergebnisse, aber der Sprung zu einem profitablen Produkt gleicht dem Überqueren einer tiefen Schlucht ohne Brücke. Die gängigen Ratschläge – man brauche einen Businessplan oder müsse das geistige Eigentum schützen – sind zwar richtig, kratzen aber nur an der Oberfläche des eigentlichen Problems.
Das Scheitern ist oft in einem fundamentalen Missverständnis verankert. Die Kommerzialisierung von Technologie ist keine rein administrative Aufgabe, sondern eine Disziplin, die der Ingenieurskunst gleicht. Sie erfordert präzise Werkzeuge, messbare Kennzahlen und strategische Entscheidungen an kritischen Knotenpunkten. Doch was, wenn der Schlüssel zum Erfolg nicht darin liegt, vage auf einen „Markterfolg“ zu hoffen, sondern darin, den Weg dorthin mit der gleichen analytischen Strenge zu planen, die auch für die Forschung selbst gilt? Was, wenn man den ROI von F&E-Ausgaben systematisch steuern könnte, anstatt ihn dem Zufall zu überlassen?
Dieser Artikel bricht mit den üblichen Plattitüden. Wir betrachten den Technologietransfer durch die Brille des ROI-fokussierten Strategen. Anstatt nur das „Was“ zu beschreiben, liefern wir das „Wie“: konkrete Frameworks, Entscheidungsmatrizen und Formeln, die speziell auf das deutsche Innovationsökosystem zugeschnitten sind. Wir zeigen Ihnen, wie Sie die typischen Fallstricke vermeiden und Ihre F&E-Investitionen in eine berechenbare Quelle für Wachstum und Profitabilität verwandeln.
Um von der Theorie zur Praxis zu gelangen, gliedert sich dieser Leitfaden in acht entscheidende strategische Schritte. Jeder Abschnitt rüstet Sie mit dem Wissen aus, das Sie benötigen, um Innovationen systematisch und profitabel auf den Markt zu bringen.
Inhaltsverzeichnis: Der Weg von der Forschung zum profitablen Produkt
- Warum das Valley of Death zwischen Labor und Markt so viele Innovationen tötet?
- Wie Sie einschätzen, ob Ihre Forschung marktreif ist: das TRL-Framework?
- Technologie lizenzieren oder selbst produzieren: die Entscheidungsmatrix?
- Wann eine Corporate-Venture-Ausgründung sinnvoller ist als interne Entwicklung?
- Der Produktionshochlauf, der bei 80 % der Innovationen scheitert
- Wie Sie zwischen Hype und echter Disruption unterscheiden: das Bewertungsframework?
- Wann Ihre F&E-Ausgaben Rendite bringen: die Payback-Formel für Mittelständler?
- Wie Sie Innovation vom Zufall zur berechenbaren Wachstumsstrategie machen
Warum das Valley of Death zwischen Labor und Markt so viele Innovationen tötet?
Das „Valley of Death“ ist die kritische Phase, nachdem die Grundlagenforschung abgeschlossen ist, aber bevor ein Produkt genügend Traktion hat, um kommerziell erfolgreich zu sein. In dieser Lücke versiegen oft die öffentlichen Forschungsgelder, während privates Risikokapital noch zögert, weil das technologische und marktwirtschaftliche Risiko zu hoch erscheint. Es ist eine Finanzierungs- und Validierungswüste, in der brillante Ideen sterben. Das Problem ist in Deutschland besonders ausgeprägt: Trotz exzellenter Forschung liefern laut einer Studie der Joachim Herz Stiftung nur 23 % der deutschen Unternehmen signifikante Innovationen, die mehr als 10 % zum Umsatz beitragen.
Die Ursache ist nicht nur fehlendes Kapital, sondern oft eine strategische Fehleinschätzung. Viele Teams konzentrieren sich zu lange auf die technische Perfektionierung (Technology Push) und ignorieren die Notwendigkeit einer frühen Marktvalidierung (Market Pull). Ohne einen frühen Prototyp, Pilotkunden oder einen klaren Nachweis für einen realen Bedarf bleibt die Brücke zum Markt ungebaut. Die Konsequenz: Die Innovation wird als „zu riskant“, „nicht skalierbar“ oder „ohne klaren Business Case“ eingestuft und die Finanzierung wird eingestellt.
Um diese Lücke zu visualisieren, stellen Sie sich zwei Klippen vor: Auf der einen Seite steht das gesicherte Terrain der Forschung, auf der anderen das profitable Land des Marktes. Das Valley of Death ist die Schlucht dazwischen.

Wie dieses Bild verdeutlicht, reicht eine brillante Idee allein nicht aus. Es bedarf einer soliden, tragfähigen Struktur, um die Schlucht zu überqueren. Diese Struktur besteht aus Pilotprojekten, strategischen Partnerschaften und einer validierten Kommerzialisierungsstrategie. Nur wer frühzeitig beginnt, diese Brücke zu bauen, hat eine reelle Chance, das andere Ufer zu erreichen und das volle wirtschaftliche Potenzial seiner Forschung auszuschöpfen.
Wie Sie einschätzen, ob Ihre Forschung marktreif ist: das TRL-Framework?
Um dem Valley of Death zu entkommen, benötigen Sie ein objektives Instrument zur Bewertung des Reifegrads Ihrer Technologie. Das international anerkannte Framework der Technology Readiness Levels (TRL) bietet genau das. Es klassifiziert den Entwicklungsstand einer Technologie auf einer Skala von 1 (Grundprinzipien beobachtet) bis 9 (System im operationellen Einsatz bewährt). Diese Skala ist kein akademisches Gedankenspiel, sondern ein entscheidendes Go/No-Go-Werkzeug für Investoren und strategische Partner. Sie schafft eine gemeinsame Sprache zwischen Forschern, Managern und Kapitalgebern.
Die Anwendung des TRL-Frameworks zwingt Sie, ehrlich zu bewerten, wo Sie wirklich stehen. Befinden Sie sich noch im Laborstadium (TRL 1-3), in dem das Konzept validiert wird, oder haben Sie bereits einen Prototyp in einer relevanten Umgebung getestet (TRL 4-6)? Erst ab TRL 7 (System-Prototyp-Demonstration in einer Einsatzumgebung) wird eine Technologie für viele industrielle Anwendungen und Investoren wirklich interessant. Für den deutschen Markt ist es zudem entscheidend, die TRLs mit den Manufacturing Readiness Levels (MRL) zu koppeln und frühzeitig regulatorische Anforderungen wie die CE-Kennzeichnung und relevante DIN-Normen zu berücksichtigen, idealerweise schon ab TRL 5.
Führende deutsche Forschungseinrichtungen wie die Fraunhofer-Gesellschaft nutzen diesen Ansatz systematisch, um Innovationen erfolgreich auszugründen. Ihre Erfolgsbilanz unterstreicht die Bedeutung einer unternehmerischen Denkweise, die von Anfang an in den Forschungsprozess integriert wird.
Mit erstklassigen High-Tech-Forschern mit unternehmerischer Denkweise bringt Fraunhofer erfolgreiche Spin-offs auf den Markt – mehr als 480 seit 2000.
– Fraunhofer-Gesellschaft, Fraunhofer Technology Transfer Report
Die konsequente Nutzung des TRL-Frameworks verwandelt die Einschätzung der Marktreife von einer vagen Vermutung in einen datengestützten Prozess. Es hilft Ihnen, Ressourcen realistisch zu planen, die richtigen Partner zur richtigen Zeit anzusprechen und vor allem zu vermeiden, mit einer unreifen Technologie verfrüht den Sprung über das Valley of Death zu wagen.
Technologie lizenzieren oder selbst produzieren: die Entscheidungsmatrix?
Sobald Ihre Technologie einen ausreichenden Reifegrad (z. B. TRL 6-7) erreicht hat, stehen Sie vor einer der wichtigsten strategischen Weichenstellungen: Sollten Sie das geistige Eigentum (IP) an einen etablierten Player lizenzieren oder den mutigen Weg der Eigenproduktion und -vermarktung gehen? Diese Entscheidung hat massive Auswirkungen auf Kapitalbedarf, Geschwindigkeit und das langfristige Renditepotenzial. Eine pauschale Antwort gibt es nicht; die richtige Wahl hängt von Ihren spezifischen Zielen und Ressourcen ab.
Um eine rationale Entscheidung zu treffen, statt sich auf das Bauchgefühl zu verlassen, ist eine Entscheidungsmatrix unerlässlich. Sie bewertet die Optionen anhand kritischer Kriterien. Die Lizenzierung bietet einen schnellen Markteintritt und geringen Kapitalbedarf, geht aber mit einem Verlust an Kontrolle und einem geringeren Anteil am Gewinn einher. Die Eigenproduktion verspricht die volle Kontrolle und das maximale Gewinnpotenzial, erfordert jedoch hohe Investitionen und birgt ein erhebliches technisches sowie unternehmerisches Risiko. Eine im deutschen Mittelstand beliebte dritte Option ist die Ko-Entwicklung mit einem Forschungsinstitut, die einen Mittelweg bei Risiko und Kontrolle darstellt.
Die folgende Matrix, basierend auf dem Modell des Gabler Wirtschaftslexikons, bietet eine klare Grundlage für Ihre strategische Abwägung.
| Kriterium | Lizenzierung | Eigenproduktion | Ko-Entwicklung mit Forschungsinstitut |
|---|---|---|---|
| Kapitalbedarf | Niedrig | Hoch | Mittel |
| Time-to-Market | Schnell | Langsam | Mittel |
| Kontrolle über IP | Begrenzt | Vollständig | Geteilt |
| Technisches Risiko | Niedrig | Hoch | Mittel |
| Skalierbarkeit | Partner-abhängig | Selbstbestimmt | Flexibel |
Unabhängig vom gewählten Weg ist die Durchführung von Pilotphasen entscheidend, um das Risiko zu minimieren. Daten zeigen einen dramatischen Anstieg der Erfolgsrate, wenn Technologien vor dem vollen Roll-out in realen Umgebungen getestet werden. Eine Pilotphase liefert nicht nur technische Validierung, sondern auch unschätzbares Marktfeedback, das die finale Produktentwicklung und die Marketingstrategie maßgeblich beeinflusst.
Wann eine Corporate-Venture-Ausgründung sinnvoller ist als interne Entwicklung?
Die Eigenproduktion muss nicht zwangsläufig innerhalb der bestehenden Unternehmensstrukturen erfolgen. Eine Ausgründung in Form eines Corporate Ventures oder Spin-offs ist oft der agilere und schlagkräftigere Weg, insbesondere bei disruptiven Technologien, die nicht zum Kerngeschäft des Mutterunternehmens passen. Eine eigenständige Einheit kann sich zu 100 % auf die neue Technologie konzentrieren, eine eigene, risikofreudigere Kultur entwickeln und externe Investoren sowie spezialisierte Talente anziehen, die in einer Konzernstruktur nur schwer zu gewinnen wären.
Eine Ausgründung ist besonders sinnvoll, wenn die Innovation radikal neue Geschäftsmodelle erfordert, die mit den etablierten Prozessen und Vertriebskanälen des Unternehmens kollidieren würden. Sie schafft einen geschützten Raum, um schnell zu iterieren, zu scheitern und zu lernen, ohne die Stabilität des Kerngeschäfts zu gefährden. Zudem kann ein Spin-off gezielt auf spezifische Förderprogramme für Start-ups zugreifen. Die deutsche Regierung und ihre Partner haben das Potenzial erkannt und stellen erhebliche Mittel bereit. Allein der DeepTech & Climate Fonds (DTCF) hat ein Zielvolumen von einer Milliarde Euro, um kapitalintensive Technologie-Ausgründungen zu finanzieren.

Der Erfolg dieses Modells zeigt sich in zahlreichen Beispielen aus dem deutschen Innovationsökosystem. Ein herausragender Fall ist die Fusion Bionic GmbH, eine Ausgründung des Fraunhofer IWS.
Fallstudie: Fusion Bionic – Erfolgreiche Fraunhofer-Ausgründung
Die Fusion Bionic GmbH, die 2025 den renommierten Fraunhofer Gründerpreis gewann, ist ein Paradebeispiel für eine erfolgreiche Ausgründung. Das Unternehmen kommerzialisiert eine bio-inspirierte Lasertechnologie für ultraschnelle Oberflächenbearbeitung. Durch die Gründung als eigenständiges Unternehmen konnte es agil auf die Bedürfnisse verschiedenster Branchen reagieren. Heute zählen namhafte Weltunternehmen aus der Glas-, Photovoltaik-, Halbleiter-, Medizintechnik- und Automobilindustrie zu den Kunden. Dieser Erfolg wäre innerhalb der starren Strukturen eines Forschungsinstituts oder eines Großkonzerns kaum möglich gewesen.
Die Entscheidung für ein Spin-off ist somit eine strategische Wette auf Geschwindigkeit, Fokus und Agilität. Sie ist der richtige Weg, wenn das Potenzial der Innovation die Risiken und den Aufwand einer Unternehmensgründung überwiegt.
Der Produktionshochlauf, der bei 80 % der Innovationen scheitert
Sie haben die richtige Strategie gewählt, die Finanzierung gesichert und einen Prototyp entwickelt. Nun beginnt die Phase, die oft als „Production Hell“ bezeichnet wird: der Produktionshochlauf oder Ramp-up. Hier entscheidet sich, ob Ihre Innovation skalierbar und profitabel hergestellt werden kann. Schätzungen zufolge scheitern bis zu 80 % der Hardware-Innovationen in dieser Phase. Die Gründe sind vielfältig: unentdeckte Designfehler (Design for Manufacturing wurde ignoriert), Probleme in der Lieferkette, mangelnde Qualitätskontrolle oder explodierende Kosten, weil der Prozess nicht stabil ist.
Ein erfolgreicher Ramp-up ist keine Glückssache, sondern das Ergebnis akribischer Planung und des Einsatzes moderner Produktionsmethoden. Im Zeitalter von Industrie 4.0 stehen dem deutschen Mittelstand mächtige Werkzeuge zur Verfügung, um diese Phase zu meistern. Digitale Zwillinge ermöglichen die Simulation und Optimierung von Produktionslinien, bevor auch nur eine einzige Maschine bestellt wird. Smart-Factory-Prinzipien mit Echtzeit-Monitoring erlauben eine sofortige Anpassung bei Abweichungen. Die sorgfältige Auswahl von Lohnfertigern mit nachgewiesener Expertise (z. B. ISO 9001 Zertifizierung) ist ebenso entscheidend wie die enge, iterative Zusammenarbeit zwischen F&E und den Produktionspartnern.
Das Ziel ist, von der Prototypen-Fertigung (Stückzahl 1) zu einer stabilen, kosteneffizienten Serienproduktion (Stückzahl 10.000+) zu gelangen, ohne dass Qualität und Marge auf der Strecke bleiben. Die folgende Checkliste fasst die Kernstrategien für einen erfolgreichen Produktionshochlauf zusammen.
Aktionsplan: Erfolgreicher Ramp-up mit Industrie 4.0
- Simulation vor Investition: Implementieren Sie digitale Zwillinge, um den gesamten Produktionsprozess virtuell zu testen und Engpässe frühzeitig zu identifizieren.
- Echtzeit-Kontrolle: Nutzen Sie Smart-Factory-Prinzipien (IoT-Sensorik, Datenanalyse) zur lückenlosen Überwachung von Qualität und Durchsatz während des Hochlaufs.
- Partner-Validierung: Wählen Sie Lohnfertiger nicht nur nach Preis, sondern nach zertifizierter Qualität (ISO 9001) und nachgewiesener Erfahrung mit ähnlichen Technologien.
- Design for Manufacturing (DFM): Integrieren Sie ab TRL 6 konsequent DFM-Prinzipien, um das Produktdesign für eine kostengünstige und fehlerfreie Fertigung zu optimieren.
- Kollaborations-Protokoll: Etablieren Sie einen institutionalisierten, engen Austausch zwischen Ihrem F&E-Team und den Produktionspartnern, um Feedbackschleifen zu beschleunigen.
Die Vernachlässigung des Produktionshochlaufs ist einer der teuersten Fehler im Innovationsprozess. Nur durch eine systematische, ingenieurmäßige Herangehensweise können Sie sicherstellen, dass Ihr marktreifes Produkt auch profitabel und in hoher Qualität beim Kunden ankommt.
Wie Sie zwischen Hype und echter Disruption unterscheiden: das Bewertungsframework?
Im Innovationsmanagement ist die Fähigkeit, zwischen einem kurzlebigen Hype und einer echten, marktverändernden Disruption zu unterscheiden, Gold wert. Auf die falsche Technologie zu setzen, kann Millionen an F&E-Ausgaben vernichten. Hype-Technologien sind oft „Lösungen auf der Suche nach einem Problem“. Sie erzeugen viel Medienrummel, finden aber über einen kleinen Kreis von Early Adopters hinaus keine breite Akzeptanz. Echte Disruptionen hingegen lösen ein kritisches, oft unausgesprochenes Problem für einen großen Markt auf eine Weise, die 10x besser, schneller oder günstiger ist als bestehende Lösungen.
Ein strukturiertes Bewertungsframework hilft, den Nebel des Hypes zu durchdringen. Anstatt sich von Schlagwörtern blenden zu lassen, analysieren Sie eine Technologie anhand objektiver Kriterien. Löst sie wirklich ein fundamentales Problem? Wie schnell ist die Adoptionsrate außerhalb der Tech-Blase? Gibt es regulatorischen Rückenwind, der die Einführung beschleunigt? Und vor allem: Ist die Technologie exponentiell skalierbar bei gleichzeitig sinkenden Kosten? Eine Technologie, deren Marktreife noch 5-10 Jahre entfernt ist, ist ein Forschungsthema – eine Technologie, die in 1-3 Jahren den Massenmarkt erreichen kann, ist eine Geschäftschance.
Die folgende Matrix stellt die entscheidenden Unterschiede zwischen Hype und Disruption gegenüber und dient als pragmatisches Bewertungswerkzeug.
| Bewertungskriterium | Hype-Technologie | Echte Disruption |
|---|---|---|
| Problemlösung | Lösung sucht Problem | Löst kritisches Marktproblem |
| Adoptionsrate | Langsam, nur Early Adopters | Schnelle Massenakzeptanz |
| Regulatorischer Rückenwind | Neutral oder hinderlich | Unterstützende Gesetzgebung |
| Skalierbarkeit | Begrenzt, hohe Kosten | Exponentiell, sinkende Kosten |
| Marktreife | 5-10 Jahre entfernt | 1-3 Jahre bis Massenmarkt |
Gerade in Deutschland ist diese Unterscheidung kritisch. Das Land ist oft führend in der Forschung, tut sich aber schwer mit der kommerziellen Umsetzung, insbesondere wenn es um plattformbasierte Geschäftsmodelle geht.
Deutschland ist bei der KI-Forschung und ihren Anwendungen ganz vorne mit dabei, aber bei deren Kommerzialisierung etwa im Rahmen von Plattformen mit konkreten Produkten, Logins und Abo-Modellen kaum vorhanden.
– KI + Bildung Report, Deutschland bei Forschung top und Kommerzialisierung flop
Die Anwendung eines solchen Frameworks schützt Sie vor kostspieligen Irrwegen. Sie investieren Ihre wertvollen F&E-Ressourcen nur in jene Technologien, die das realistische Potenzial haben, nicht nur technisch zu beeindrucken, sondern auch eine signifikante Rendite zu erwirtschaften.
Wann Ihre F&E-Ausgaben Rendite bringen: die Payback-Formel für Mittelständler?
Am Ende zählt für jedes Unternehmen, insbesondere für den pragmatischen deutschen Mittelstand, nur eine Frage: Wann zahlen sich die F&E-Investitionen aus? Die Berechnung des Return on Investment (ROI) und der Amortisationszeit (Payback Period) für Innovationen ist der ultimative Lackmustest für Ihre Kommerzialisierungsstrategie. Es geht darum, die vagen Hoffnungen auf zukünftige Gewinne durch eine konkrete, nachvollziehbare Kalkulation zu ersetzen. Dies ist kein Buchhaltungsakt, sondern ein strategisches Planungsinstrument.
Die Payback-Formel ist im Kern einfach: Payback-Periode = Initiale F&E-Investition / Jährlicher Cashflow durch das neue Produkt. Die wahre Kunst liegt jedoch in der realistischen Ermittlung der Variablen, insbesondere im deutschen Kontext. Die „initiale Investition“ muss um erhaltene Fördermittel (z.B. Forschungszulage, ZIM-Zuschüsse) bereinigt werden, da diese das Netto-Investment reduzieren. Auch steuerliche Absetzbarkeiten für F&E-Aufwendungen sind ein wichtiger Hebel. Beim „jährlichen Cashflow“ müssen die langen deutschen Zertifizierungszyklen einkalkuliert werden, die den Time-to-Market und damit den Start der Einnahmen verzögern können.

Eine umfassende ROI-Betrachtung geht über die reinen Zahlen hinaus. Der Aufbau von wertvollem geistigem Eigentum (IP) oder die Etablierung strategischer Partnernetzwerke stellen einen strategischen ROI dar, der quantifiziert werden sollte. Für langfristige oder besonders kapitalintensive Deep-Tech-Projekte können zudem spezielle Programme wie der EIC Accelerator der EU oder landesspezifische Initiativen wie „Grüne Gründungen.NRW“ die Finanzierungsstruktur und damit die Payback-Kalkulation entscheidend verbessern. Die deutsche Förderlandschaft und das starke VC-Ökosystem, in das allein KfW Capital 2024 Zusagen von 1,6 Milliarden Euro getätigt hat, bieten enorme Hebel zur Optimierung der Rendite.
Eine systematische Payback-Berechnung ist Ihr Kompass. Sie zeigt nicht nur, ob sich eine Investition lohnt, sondern hilft auch, verschiedene Innovationsprojekte zu priorisieren und die Allokation von Kapital und Ressourcen zu rechtfertigen. Sie verwandelt die F&E-Abteilung von einem Cost-Center in einen nachweisbaren Werttreiber.
Das Wichtigste in Kürze
- Das „Valley of Death“ ist weniger ein Mangel an Ideen als ein Defizit an strategischer und finanzieller Planung für die Kommerzialisierung.
- Objektive Frameworks wie TRL zur Reifegradbestimmung und Entscheidungsmatrizen (Lizenzierung vs. Eigenproduktion) sind unerlässlich, um Risiken zu managen.
- Der Produktionshochlauf ist die kritischste operative Hürde. Industrie-4.0-Strategien wie digitale Zwillinge sind der Schlüssel zum Erfolg.
Wie Sie Innovation vom Zufall zur berechenbaren Wachstumsstrategie machen
Der Weg von der Laborbank zum profitablen Markt ist komplex und voller Fallstricke. Die vorangegangenen Abschnitte haben die kritischen Etappen beleuchtet: die Überwindung des Valley of Death, die Bewertung der Marktreife, die strategischen Weichenstellungen und die operativen Hürden. Das übergeordnete Fazit ist eindeutig: Erfolgreiche Innovation ist kein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis eines systematischen, disziplinierten und messbaren Prozesses. Es geht darum, die Kunst der Erfindung mit der Wissenschaft der Kommerzialisierung zu verbinden.
Führende deutsche Institutionen wie das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) leben diesen Ansatz vor. Sie haben den Technologietransfer zu einem wiederholbaren System entwickelt, das kontinuierlich erfolgreiche Spin-offs hervorbringt.
Fallstudie: Fraunhofer IPA – Systematischer Innovationstransfer als Prozess
Das Fraunhofer IPA in Stuttgart ist europaweit führend in der Produktion von Spin-offs. Institutsleiter Thomas Bauernhansl, der für die Unterstützung von über 30 Ausgründungen ausgezeichnet wurde, hat bewiesen, dass ein systematischer Ansatz funktioniert. Anstatt auf glückliche Fügungen zu hoffen, hat das Institut einen strukturierten Prozess etabliert, der potenzielle Gründer identifiziert, sie mit unternehmerischem Know-how ausstattet und sie durch die kritischen Phasen der Finanzierung und des Markteintritts begleitet. Dieser Erfolg ist kein Zufall, sondern das Ergebnis einer institutionalisierten Strategie.
Die Transformation von F&E in einen berechenbaren Wachstumsmotor erfordert einen Kulturwandel. Es bedeutet, Kennzahlen wie den TRL, die Payback-Periode und den ROI genauso ernst zu nehmen wie wissenschaftliche Paper. Es bedeutet, den gesamten Prozess – von der ersten Idee bis zum skalierten Produkt – als eine integrierte Wertschöpfungskette zu betrachten. Wie Experten der Universität Stuttgart betonen, liegt der Fokus zunehmend darauf, Wissenschaftler direkt bei der Kommerzialisierung zu unterstützen, da etablierte Modelle oft zu starr sind.
Für den Bereich Technologietransfer gibt es etablierte Methoden und Modelle, welche jedoch oft nur für sehr spezifische Konstrukte funktionieren. Deshalb liegt ein verstärkter Fokus auf die Frage, wie Wissenschaftler direkt bei der Kommerzialisierung ihrer Forschungsergebnisse unterstützt werden können.
– Institut für Entrepreneurship und Innovationsforschung, Universität Stuttgart ENI
Indem Sie die hier vorgestellten Werkzeuge und Frameworks anwenden, legen Sie das Fundament, um Innovation in Ihrem Unternehmen vom unberechenbaren Glücksspiel in eine strategische Säule des Wachstums zu verwandeln.
Beginnen Sie noch heute damit, diese strategischen Hebel anzuwenden. Analysieren Sie Ihr Innovationsportfolio mit dem TRL-Framework, kalkulieren Sie den potenziellen ROI Ihrer Top-Projekte und entwickeln Sie einen konkreten Plan zur Überwindung des Valley of Death. Machen Sie den ersten Schritt, um Innovation zum berechenbaren Wachstumstreiber Ihres Unternehmens zu machen.