Veröffentlicht am März 12, 2024

Die Steigerung der Erfolgsrate internationaler Projekte hängt weniger von technischer Expertise als von einem systematisch entwickelten und messbaren CQ-Training ab.

  • Effektive Programme ersetzen statische Länder-Steckbriefe durch die Entwicklung metakognitiver Fähigkeiten zur Adaption an unvorhergesehene Situationen.
  • Der Erfolg wird durch validierte CQ-Assessments messbar und direkt mit Unternehmens-KPIs verknüpft, was den ROI der Maßnahme belegt.

Empfehlung: Implementieren Sie einen strukturierten Prozess, der Pre-Departure-Training, Methoden zur Immersion und gezielte Austauschprogramme strategisch kombiniert.

Für L&D-Manager und Global-Mobility-Verantwortliche ist das Scheitern einer internationalen Entsendung ein kostspieliges Déjà-vu. Ein hochqualifizierter Mitarbeiter, technisch brillant, kehrt vorzeitig zurück. Das Projekt stockt, die Kosten explodieren, und die Moral sinkt. Woran liegt es? Oft wird die Antwort in unzureichender fachlicher Vorbereitung oder persönlichen Problemen gesucht. Man optimiert die Checklisten für den Umzug, verhandelt bessere Gehaltspakete oder bietet Sprachkurse an – die üblichen, administrativen Lösungsansätze.

Doch diese Maßnahmen kratzen nur an der Oberfläche. Sie behandeln die Symptome, nicht die eigentliche Ursache. Die Annahme, dass technisches Know-how und eine positive Einstellung ausreichen, um in einem neuen kulturellen Umfeld erfolgreich zu sein, ist eine weitverbreitete Fehleinschätzung. Die wahre Herausforderung liegt tiefer: im Mangel an Kultureller Intelligenz (CQ), der Fähigkeit, sich in vielfältigen kulturellen Kontexten effektiv zu orientieren und zu handeln. Was wäre, wenn der Schlüssel zum Erfolg nicht in noch mehr Faktenwissen über ein Land liegt, sondern in der Entwicklung der Fähigkeit, kulturelle Muster zu erkennen, zu verstehen und sich flexibel darauf einzustellen?

Dieser Artikel bricht mit dem traditionellen Ansatz der reinen Wissensvermittlung. Stattdessen zeigen wir Ihnen, wie Sie ein systematisches CQ-Training als messbaren Entwicklungsprozess implementieren. Wir analysieren, warum CQ-Defizite Projekte zum Scheitern bringen, vergleichen effektive Trainingsmethoden, entlarven die Gefahr von Kulturverallgemeinerungen und demonstrieren, wie Sie CQ messen und durch gezielte Programme nachhaltig fördern. Ziel ist es, die globale Einsatzbereitschaft Ihrer Mitarbeiter fundamental zu stärken und so den Erfolg Ihrer internationalen Projekte systematisch zu sichern.

Dieser Leitfaden führt Sie durch die strategischen Schritte zur Implementierung eines wirksamen CQ-Trainingsprogramms. Der folgende Sommaire gibt Ihnen einen Überblick über die Kernthemen, die wir behandeln werden, um Ihre Teams für die globale Zusammenarbeit zu befähigen.

Warum CQ-Defizite mehr Projekte scheitern lassen als technisches Unvermögen?

In der globalisierten Wirtschaft wird der Erfolg internationaler Projekte oft an technischen Meilensteinen und Budgeteinhaltung gemessen. Doch die verborgene Variable, die häufiger über Erfolg oder Misserfolg entscheidet, ist die Kulturelle Intelligenz (CQ) der beteiligten Teams. Ein Mangel an CQ führt zu Missverständnissen, ineffizienter Zusammenarbeit und demotivierten Mitarbeitern, was letztendlich Projekte gefährdet, selbst wenn die technische Expertise erstklassig ist. Es ist ein Trugschluss zu glauben, fachliche Kompetenz allein könne kulturelle Gräben überbrücken.

Die Diskrepanz in der Wahrnehmung ist alarmierend. Eine Studie über gescheiterte Entsendungen zeigt, dass Mitarbeiter die Situation oft kritischer bewerten als die Unternehmen selbst. Während das Management von einem Erfolg ausgeht, empfindet der entsandte Mitarbeiter die Erfahrung möglicherweise als Misserfolg, weil die kulturelle Integration nicht gelungen ist. Helmut Berg von der RSB Deutschland GmbH bringt es auf den Punkt, wenn er feststellt:

Allzu oft scheitern berufliche Auslandsaufenthalte, weil sie im Unternehmen nicht richtig geplant und der Mitarbeiter nur schlecht vorbereitet entsandt wurde

– Helmut Berg, RSB Deutschland GmbH

Diese mangelhafte Vorbereitung bezieht sich selten auf technische Fähigkeiten. Vielmehr geht es um das Versäumnis, die metakognitiven Fähigkeiten zu schulen, die für die Navigation in einem fremden kulturellen System notwendig sind. Ohne diese Fähigkeit zur Selbstreflexion und Anpassung bleiben Mitarbeiter in ihren eigenen kulturellen Mustern gefangen, was zu Reibungsverlusten führt, die weit teurer sind als jedes technische Problem. Das Ignorieren des „Faktors Mensch“ in seiner kulturellen Dimension ist somit ein direktes Risiko für den Projekterfolg.

Wie Pre-Departure-Training für Auslandseinsätze funktioniert?

Ein effektives Pre-Departure-Training ist weit mehr als eine administrative Checkliste. Es ist der erste entscheidende Schritt in einem systematischen Entwicklungsprozess, der Mitarbeiter und ihre Familien auf die beruflichen und privaten Herausforderungen eines Auslandseinsatzes vorbereitet. Das Ziel ist nicht, ein Land enzyklopädisch zu erklären, sondern die Adaptionsfähigkeit der Teilnehmer zu stärken. Anstatt nur „Dos and Don’ts“ zu vermitteln, konzentriert sich modernes Training darauf, die zugrundeliegenden kulturellen Werte und Kommunikationsstile zu beleuchten und Strategien für den Umgang mit Ambiguität zu entwickeln.

Ein solches Training muss interaktiv und praxisorientiert sein, um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen. Es simuliert reale Szenarien, fördert die Selbstreflexion und bezieht das soziale Umfeld der Mitarbeiter aktiv mit ein. Das Bild unten illustriert eine solche moderne Trainingsumgebung, in der Mentoren ihre Erfahrungen teilen und die Familie in den Vorbereitungsprozess integriert wird.

Interaktives Pre-Departure-Training mit Familie und Expat-Mentoren in deutschem Unternehmen

Wie in dieser Szene dargestellt, geht es um den Dialog und die persönliche Auseinandersetzung mit der neuen Kultur. Zu den zentralen Erfolgsfaktoren eines gelungenen Pre-Departure-Trainings gehören:

  • Einbeziehung der Familie: Lebenspartner und Kinder werden von Anfang an in die Vorbereitungsmaßnahmen integriert, da ihr Wohlbefinden entscheidend für den Erfolg der Entsendung ist.
  • Praktische Übungen: Interkulturelle Trainings werden mit Fallstudien, Rollenspielen und Simulationen angereichert, um theoretisches Wissen anwendbar zu machen.
  • Mentorensystem: Ein erfahrener Mentor (ein ehemaliger oder aktueller Expat) wird bereits vor der Ausreise als Ansprechpartner etabliert.
  • Klare Absprachen: Sowohl vertragliche als auch informelle Erwartungen und Ziele werden vor der Abreise transparent kommuniziert.
  • Rückkehrplanung: Eine frühzeitige Entscheidung über das zukünftige Aufgabengebiet nach der Rückkehr schafft Sicherheit und Motivation.

Classroom-Training oder Cultural Immersion: was effektiver qualifiziert?

Die Frage, welche Trainingsmethode die beste ist, führt oft zu einer polarisierten Debatte: das strukturierte, theoretische Wissen aus dem Seminarraum (Classroom-Training) gegen die tiefgreifende, praktische Erfahrung vor Ort (Cultural Immersion). Beide Ansätze haben ihre Berechtigung, doch für L&D-Manager ist die entscheidende Frage, welche Methode die gewünschten Kompetenzen am effizientesten und nachhaltigsten fördert. Die Antwort liegt nicht in einem „Entweder-oder“, sondern in einem strategisch kombinierten „Sowohl-als-auch“, das auf die spezifischen Lernziele ausgerichtet ist.

Classroom-Training ist ideal, um grundlegendes Wissen zu vermitteln, ein Bewusstsein für kulturelle Unterschiede zu schaffen und die kognitive Dimension von CQ zu stärken. Es ist kosteneffizient, skalierbar und bietet einen sicheren Raum für erste Reflexionen. Cultural Immersion hingegen, also das tatsächliche Leben und Arbeiten in der Zielkultur, fördert die motivationale und verhaltensbezogene Dimension von CQ. Es ist die ultimative Bewährungsprobe, in der Gelerntes angewendet und die Ambiguitätstoleranz trainiert wird. Die folgende Tabelle fasst die zentralen Unterschiede zusammen, wie sie in einer Analyse von Global Partners Training dargestellt werden:

Vergleich von Classroom-Training vs. Cultural Immersion
Aspekt Classroom-Training Cultural Immersion
Wissensvermittlung Strukturiert, theoretisch fundiert Erfahrungsbasiert, praktisch
Zeitaufwand Kompakt (Tage/Wochen) Langfristig (Monate)
Kosten Kalkulierbar, moderat Höher, variable Kosten
Messbarkeit Tests, Assessments möglich Schwerer quantifizierbar
Nachhaltigkeit Auffrischung nötig Tiefe Verankerung

Ein moderner Ansatz kombiniert beide Welten. Er beginnt mit einem Classroom-Training zur Schaffung einer theoretischen Basis und zur Entwicklung metakognitiver Strategien. Darauf aufbauend folgen kürzere, aber intensive Immersion-Phasen (z.B. Projekteinsätze, Hospitationen), die gezielt zur Anwendung und Reflexion des Gelernten genutzt werden. Wie Experten betonen:

Jede Schulungsinitiative zur Förderung der kulturellen Intelligenz am Arbeitsplatz sollte alle vier Komponenten berücksichtigen

– Global Partners Training, Kulturelle Intelligenz in der Belegschaft aufbauen

Dies unterstreicht die Notwendigkeit eines holistischen, mehrstufigen Programms statt einer isolierten Einzelmaßnahme.

Die Kulturverallgemeinerungen, die Vorurteile statt Verständnis fördern

Einer der größten Fallstricke in der interkulturellen Vorbereitung ist die Verwendung von statischen Länder-Steckbriefen und Kulturverallgemeinerungen. Ratschläge wie „In Japan verbeugt man sich“ oder „Deutsche sind immer pünktlich“ sind zwar nicht per se falsch, aber sie reduzieren komplexe Kulturen auf oberflächliche Verhaltensregeln. Diese Vereinfachungen fördern Stereotypen statt echtes Verständnis und können im Ernstfall sogar schädlich sein. Sie vermitteln eine trügerische Sicherheit, die Mitarbeiter daran hindert, die tatsächliche Vielfalt und die individuellen Unterschiede innerhalb einer Kultur wahrzunehmen.

Ein anschauliches Beispiel ist der deutschsprachige Raum. Nur weil in Deutschland, Österreich und der Schweiz eine gemeinsame Sprache gesprochen wird, bedeutet dies nicht, dass die Geschäftskulturen identisch sind. Wie eine Analyse zeigt, führt diese scheinbare Ähnlichkeit dazu, dass subtile, aber entscheidende kulturelle Unterschiede in der Kommunikation, im Führungsstil oder in der Entscheidungsfindung leicht übersehen werden. Wer alle deutschsprachigen Partner gleich behandelt, wird unweigerlich auf unerwartete Widerstände stoßen. Das Ziel von CQ-Training muss es daher sein, von statischen Fakten zu dynamischen Fähigkeiten überzugehen.

Statt auswendig gelernter Regeln benötigen Mitarbeiter die Fähigkeit, Situationen zu beobachten, Hypothesen über kulturelle Normen zu bilden und ihr Verhalten flexibel anzupassen. Dies erfordert die Entwicklung von metakognitivem CQ. Anstatt Stereotypen zu zementieren, sollten L&D-Programme Techniken zur Überwindung dieser Denkmuster vermitteln:

  • Perspective-Taking-Übungen: Aktives Hineinversetzen in die Perspektive des Gegenübers, um dessen Motive und Werte zu verstehen.
  • Dynamische Kulturprofile: Nutzung von Frameworks (z.B. Kulturdimensionen), um Verhalten zu analysieren, anstatt statische Fakten zu pauken.
  • Fokus auf individuelle Unterschiede: Bewusstmachen, dass jede Kultur heterogen ist und das Verhalten von Individuen durch viele Faktoren (Persönlichkeit, Alter, Region) geprägt wird.
  • Ambiguitätstoleranz trainieren: Die Fähigkeit entwickeln, mit unklaren und widersprüchlichen Situationen umzugehen, ohne sofort ein Urteil zu fällen.
  • Aktive Beobachterrolle: In neuen Situationen zunächst beobachten und zuhören, bevor man handelt, um die ungeschriebenen Regeln des Kontexts zu erfassen.

Wie CQ-Assessments funktionieren: das Measurement-Framework?

Für L&D-Manager ist die Messbarkeit von Trainingsmaßnahmen ein entscheidendes Kriterium für deren strategische Verankerung im Unternehmen. Kulturelle Intelligenz mag wie ein „weicher“ Faktor erscheinen, doch sie ist durch validierte psychometrische Verfahren präzise messbar. CQ-Assessments sind das Herzstück eines jeden systematischen CQ-Entwicklungsprogramms, da sie eine objektive Grundlage für die Bedarfsanalyse, die Trainingskonzeption und die Erfolgskontrolle schaffen. Sie transformieren CQ von einer vagen Kompetenz in eine quantifizierbare Größe.

Das bekannteste Measurement-Framework misst die vier Dimensionen von CQ: die metakognitive (Bewusstsein und Planung), die kognitive (Wissen), die motivationale (Antrieb und Selbstwirksamkeit) und die verhaltensbezogene (Anpassung des Verhaltens). Die Validität dieser Instrumente ist hoch. So wurde die führende CQ®-Messmethode durch eine 12-jährige Validierung in über 30 Ländern weltweit anerkannt. Diese Assessments liefern nicht nur einen Gesamt-CQ-Wert, sondern auch detaillierte Profile, die individuelle Stärken und Entwicklungsfelder aufzeigen.

Der entscheidende Punkt für Unternehmen ist der nachgewiesene Zusammenhang zwischen CQ-Werten und Leistung. Wie die Forschung zeigt,

korrespondieren die CQ-Werte mit dem tatsächlichen Verhalten und sind ein zuverlässiger Prädiktor für Leistung in einem multikulturellen Umfeld

– Wikipedia, Kulturelle Intelligenz

Dies bedeutet, dass Investitionen in die CQ-Entwicklung einen direkten und messbaren Einfluss auf den Geschäftserfolg haben – von verbesserter Teamleistung über erfolgreichere Verhandlungen bis hin zu höherer Mitarbeiterzufriedenheit bei Auslandseinsätzen. Die Implementierung eines solchen Assessment-Prozesses ist ein strategischer Schritt.

Ihr Aktionsplan: Implementierung eines CQ-Assessment-Prozesses

  1. Objektive Messung etablieren: Setzen Sie ein validiertes Online-Self-Assessment als standardisiertes Messinstrument für alle potenziellen Expats und internationalen Führungskräfte ein.
  2. 360-Grad-Feedback nutzen: Bauen Sie einen DSGVO-konformen 360-Grad-Feedback-Zyklus auf, bei dem auch Vorgesetzte und Kollegen die interkulturellen Kompetenzen einer Person einschätzen.
  3. Ergebnisse mit KPIs verknüpfen: Analysieren Sie die Korrelationen zwischen den CQ-Ergebnissen Ihrer Teams und relevanten Unternehmens-KPIs (z.B. Projekterfolgsrate, Kundenzufriedenheit in neuen Märkten).
  4. Daten für ESG-Reporting nutzen: Verwenden Sie aggregierte und anonymisierte CQ-Daten, um die Fortschritte im Bereich „Social“ Ihres ESG-Reportings zu untermauern und die Vielfaltsstrategie zu dokumentieren.
  5. Entwicklungsbedarf ableiten: Identifizieren Sie auf Basis der Assessment-Ergebnisse gezielt individuellen und teambasierten Entwicklungsbedarf und leiten Sie passgenaue Trainings- und Coaching-Maßnahmen ab.

Warum direkter deutscher Kommunikationsstil in asiatischen Märkten oft scheitert?

Ein klassisches Beispiel für die Relevanz von Kultureller Intelligenz ist das Aufeinandertreffen des direkten, sachorientierten deutschen Kommunikationsstils mit den indirekten, harmonieorientierten Stilen vieler asiatischer Kulturen. In Deutschland wird Feedback oft explizit, klar und aufgabenbezogen formuliert – ein Zeichen von Effizienz und Transparenz. Dieselbe Direktheit kann in einem High-Context-Umfeld, wie z. B. in Japan oder Thailand, jedoch als unhöflich, konfrontativ und respektlos empfunden werden. Sie kann zu einem „Gesichtsverlust“ des Gegenübers führen, was die Beziehung nachhaltig beschädigt und die Kooperationsbereitschaft zerstört.

Das Konzept der High-Context- vs. Low-Context-Kommunikation erklärt dieses Phänomen. Deutschland ist eine typische Low-Context-Kultur: Die Botschaft steckt primär in den gesprochenen Worten. In High-Context-Kulturen wird viel Bedeutung über nonverbale Signale, den sozialen Kontext und die Beziehung der Sprecher vermittelt. Direkte Kritik wird vermieden; stattdessen werden Andeutungen und Umschreibungen genutzt. Ein deutsches Team, das diesen Unterschied nicht versteht, übersieht möglicherweise wichtiges negatives Feedback oder demotiviert lokale Partner durch seine als schroff empfundene Art.

Die folgende Abbildung symbolisiert diese Kluft zwischen direkter und indirekter Kommunikation und die Notwendigkeit, eine Brücke zu bauen.

Geschäftstreffen zwischen deutschen und asiatischen Partnern mit nonverbaler Kommunikation

Um diese Brücke zu schlagen, müssen deutsche Manager ihre Kommunikationsstrategie anpassen. Eine bewährte Technik ist das sogenannte „Bridging“. Anstatt Kritik direkt zu äußern, wird sie in ein positives Framing verpackt. Man beginnt mit Lob, formuliert die Kritik dann indirekt (z.B. als Frage oder über den Verweis auf eine dritte Instanz) und schließt mit einer ermutigenden Bemerkung. Dies erfordert ein hohes Maß an verhaltensbezogenem CQ – die Fähigkeit, das eigene, gewohnte Verhalten bewusst zu steuern und anzupassen, um das gewünschte Ergebnis in einem anderen kulturellen Rahmen zu erzielen.

Wie Reciprocal-Exchange-Programme funktionieren?

Über traditionelle Trainings und Entsendungen hinaus bieten reziproke Austauschprogramme (Reciprocal Exchange Programs) eine hochwirksame Methode zur tiefgreifenden Entwicklung von Kultureller Intelligenz. Bei diesem Ansatz entsendet ein Unternehmen nicht nur einen Mitarbeiter ins Ausland, sondern empfängt im Gegenzug auch einen Mitarbeiter aus der Partnerniederlassung. Dieser zweiseitige Austausch schafft eine symmetrische Lernbeziehung und fördert ein tieferes, beidseitiges Verständnis für die jeweiligen Geschäfts- und Landeskulturen.

Diese Programme sind besonders strategisch in einer Zeit, in der laut KfW-Research der Anteil grenzüberschreitend tätiger Mittelständler von 23 % auf 20 % gesunken ist. Solche Austauschprogramme können ein gezieltes Instrument sein, um die internationale Kompetenz im eigenen Haus systematisch aufzubauen und globale Netzwerke zu stärken, auch wenn die allgemeine Auslandsaktivität stagniert. Sie schaffen „kulturelle Botschafter“ auf beiden Seiten, die als Multiplikatoren und Brückenbauer im Unternehmen agieren.

Der Erfolg eines solchen Programms hängt von seiner strukturellen Gestaltung ab. Es darf kein unkoordinierter „Mitarbeitertausch“ sein, sondern muss als strategisches Entwicklungsprojekt mit klaren Zielen und Prozessen aufgesetzt werden. Erfolgreiche reziproke Austauschprogramme beinhalten typischerweise die folgenden Strukturelemente:

  • Definition realer Geschäftsprojekte: Die Teilnehmer arbeiten nicht nur im Tagesgeschäft mit, sondern bearbeiten ein strategisch relevantes Projekt, das beide Standorte betrifft.
  • Knowledge-Transfer-Protokoll: Es wird ein systematischer Prozess zur Dokumentation und zum Transfer von Wissen und Erfahrungen etabliert, um sicherzustellen, dass das Gelernte der Organisation zugutekommt.
  • Regelmäßige Brown-Bag-Sessions: Informelle Treffen werden organisiert, bei denen die Austauschteilnehmer ihre Erfahrungen und Learnings mit Kollegen im Heimat- und Gastland teilen.
  • Etablierung eines Kultur-Mentoren-Programms: Nach ihrer Rückkehr fungieren die Teilnehmer als Mentoren für zukünftige Expats und als interne Ansprechpartner für Fragen zur Zielkultur.
  • Nutzung von Fördermöglichkeiten: Es wird geprüft, inwieweit öffentliche Fördermittel (z.B. von der EU oder den Bundesländern) für den internationalen Mitarbeiteraustausch genutzt werden können.

Das Wichtigste in Kürze

  • CQ-Defizite sind oft der wahre Grund für das Scheitern internationaler Projekte, nicht technisches Unvermögen.
  • Effektives Training geht über Wissensvermittlung hinaus und fördert metakognitive Fähigkeiten und Adaptionsfähigkeit.
  • Der ROI von CQ-Entwicklung ist durch validierte Assessments messbar und kann direkt an Geschäftsziele geknüpft werden.

Wie Sie Austauschprogramme gestalten, die 80 % der Teilnehmenden nachhaltig prägen

Ein Austauschprogramm entfaltet sein volles Potenzial nur dann, wenn es über einen reinen Aufenthalt hinausgeht und als transformatives Lernerlebnis konzipiert wird. Programme, die Teilnehmer nachhaltig prägen, setzen auf aktive Beteiligung, strategische Relevanz und eine sorgfältige Begleitung vor, während und nach dem Austausch. Der Schlüssel liegt darin, die Teilnehmer von passiven Beobachtern zu aktiven Gestaltern zu machen, die reale Probleme lösen und ihre Erfahrungen systematisch reflektieren.

Eine der wirkungsvollsten Methoden hierfür ist Action Learning. Wie Studien zeigen, betrachten zahlreiche Teilnehmer kulturelle Kompetenz als entscheidend für den Erfolg einer Entsendung. Beim Action Learning arbeiten die Austauschteilnehmer in kleinen, diversen Teams an einem echten, strategisch wichtigen Geschäftsproblem des Gastunternehmens. Sie analysieren die Herausforderung aus ihrer „fremden“ Perspektive, entwickeln umsetzbare Lösungen und präsentieren diese dem lokalen Management. Dieser Prozess fördert nicht nur die CQ, sondern schafft auch einen direkten, messbaren Geschäftswert und sorgt für eine hohe Motivation und ein tiefes Engagement der Teilnehmer.

Um die Nachhaltigkeit des Gelernten sicherzustellen, ist die Integration nach der Rückkehr ebenso wichtig wie die Vorbereitung. Hier hat sich ein strukturiertes Buddy-System als äußerst effektiv erwiesen. Dieses System stellt dem Teilnehmer zwei verschiedene Mentoren zur Seite: einen lokalen Buddy im Gastland und einen Re-Integrations-Buddy im Heimatunternehmen. Ihre Rollen unterscheiden sich je nach Phase des Austauschs:

Buddy-System-Struktur für nachhaltige Integration
Phase Lokaler Buddy Re-Integrations-Buddy
Vor Abreise Erste Kontaktaufnahme, kulturelle Einführung Zielvereinbarungen, Karriereplanung
Während Aufenthalt Tägliche Unterstützung, soziale Integration Regelmäßige Check-ins, Heimatverbindung
Nach Rückkehr Fortführung internationaler Netzwerke Wiedereingliederung, Wissenstransfer

Durch diese Doppelstruktur wird sichergestellt, dass der Mitarbeiter sowohl im Gastland optimal integriert ist als auch die Verbindung zum Heimatunternehmen hält und nach seiner Rückkehr sein neu erworbenes Wissen und Netzwerk strategisch einbringen kann. So wird aus einem temporären Austausch eine langfristige Investition in die globale Kompetenz des gesamten Unternehmens.

Beginnen Sie jetzt damit, einen systematischen CQ-Entwicklungsprozess zu entwerfen, um die globale Einsatzbereitschaft Ihrer Teams zu gewährleisten und Ihre internationalen Projekte zum Erfolg zu führen.

Geschrieben von Sabine Fischer, Sabine Fischer ist Diplom-Kulturwissenschaftlerin und zertifizierte interkulturelle Trainerin mit über 16 Jahren Erfahrung in globalem Change Management und internationaler Zusammenarbeit. Als Senior Consultant für interkulturelles Management begleitet sie multinationale Unternehmen bei Auslandseinsätzen, internationalen Fusionen und dem Aufbau kulturell intelligenter Organisationen.