Veröffentlicht am Mai 17, 2024

Die größten Kostentreiber Ihrer Lieferkette sind nicht offensichtliche Ausgaben, sondern unsichtbare Prozesslücken und Reibungsverluste.

  • Oberflächliche Maßnahmen wie Preisverhandlungen oder pauschale Lieferantenreduktion erhöhen oft das Risiko, ohne die Kernprobleme zu lösen.
  • Echte Optimierung erfordert die systematische Identifikation von Ineffizienzen durch Process-Intelligence-Technologien, um die Prozess-DNA zu verstehen.

Empfehlung: Fokussieren Sie sich auf die datengestützte Analyse Ihrer End-to-End-Prozesse, um Resilienz und Kosteneffizienz gleichzeitig zu steigern, anstatt kurzfristige Einsparungen zu jagen.

Der Druck auf die Margen wächst stetig. Als Supply-Chain-Manager oder COO kennen Sie das Spannungsfeld: Kosten müssen runter, doch die Komplexität und die Risiken in globalen Lieferketten nehmen zu. Die üblichen Reflexe sind schnell zur Hand – aggressivere Verhandlungen mit Lieferanten, die Konsolidierung von Lagerbeständen oder die Verlagerung in günstigere Produktionsländer. Diese Ansätze kratzen jedoch oft nur an der Oberfläche und führen nicht selten zu neuen, kostspieligeren Problemen wie Lieferausfällen oder Qualitätseinbußen. Das Streben nach Kostensenkung wird so zu einem reaktiven Kampf gegen Symptome, anstatt die Ursachen zu heilen.

Doch was wäre, wenn der größte Hebel zur Kostenreduktion nicht in den offensichtlichen Ausgabenposten liegt, sondern in den verborgenen Ineffizienzen, die sich tief in Ihre Prozesse eingeschlichen haben? Was, wenn die Lösung nicht darin besteht, härter zu verhandeln, sondern intelligenter zu agieren? Die wahre Chance auf eine signifikante und nachhaltige Kostenreduktion von bis zu 18 % liegt in der systematischen Aufdeckung dieser unsichtbaren Reibungsverluste. Es geht darum, die „Prozess-DNA“ Ihrer Lieferkette zu verstehen – von der Beschaffung über die Produktion bis zur Auslieferung.

Dieser Artikel bricht mit den traditionellen Ansätzen. Wir zeigen Ihnen, wie Sie sich von der reinen Symptombekämpfung lösen und stattdessen die Wurzeln der Ineffizienz freilegen. Anstatt pauschale Ratschläge zu geben, bieten wir eine prozessfokussierte Strategie, die auf datengestützter Prozessintelligenz basiert. Sie werden lernen, wie Sie Ihre Lieferkette nicht nur schlanker, sondern auch resilienter und krisenfester gestalten.

Um Ihnen eine klare und strukturierte Orientierung zu bieten, haben wir diesen Leitfaden in präzise Themenblöcke unterteilt. Der folgende Überblick zeigt Ihnen, wie wir schrittweise die Hebel für eine optimierte und kosteneffiziente Supply Chain aufdecken.

Warum versteckte Ineffizienzen Ihre Supply-Chain-Kosten unnötig aufblähen?

Versteckte Ineffizienzen sind die stillen Margenkiller in Ihrer Lieferkette. Im Gegensatz zu offensichtlichen Kosten wie Frachtraten oder Materialpreisen entstehen sie durch suboptimale Prozesse, manuelle Workarounds und fehlende Transparenz. Sie äußern sich nicht direkt auf der Rechnung, sondern in Form von erhöhter Kapitalbindung, längeren Durchlaufzeiten, unnötigem Verwaltungsaufwand und kostspieligen Fehlern. Ein typisches Beispiel sind Datensilos: Wenn verschiedene Abteilungen mit isolierten Systemen arbeiten, entstehen Brüche im Informationsfluss. Dies führt zu Doppelarbeit, fehlerhaften Bestellungen und einer Unfähigkeit, schnell auf Marktveränderungen zu reagieren.

Eine Studie zu den Auswirkungen des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) macht dieses Problem greifbar. Dort gaben 28,9 % der Unternehmen an, ein bis drei Vollzeitstellen allein für die LkSG-Compliance zu benötigen. Dieser enorme administrative Aufwand ist eine direkte Folge ineffizienter, nicht-integrierter Prozesse zur Lieferantenüberwachung. Anstatt auf automatisierte Systeme zu setzen, werden Ressourcen in manuelle Tätigkeiten gebunden, die keinen direkten Mehrwert schaffen.

Ein weiterer Nährboden für versteckte Kosten ist die sogenannte „Schatten-IT“. Eine Untersuchung zeigt, dass fast die Hälfte der befragten Unternehmen (49,1 %) für ihr Lieferkettenmanagement immer noch vorwiegend auf Excel-basierte Lösungen setzt. Diese Insellösungen verhindern eine End-to-End-Sichtbarkeit und fördern manuelle Fehler. Jede manuelle Datenübertragung, jede Abstimmung per E-Mail ist eine potenzielle Fehlerquelle und ein Zeitfresser, der die Prozesskosten in die Höhe treibt, ohne auf einer einzigen Kostenstellenrechnung explizit aufzutauchen.

Diese versteckten Ineffizienzen summieren sich und können einen erheblichen Teil Ihrer Gesamtkosten ausmachen. Sie sind der Grund, warum reine Preisverhandlungen oft ins Leere laufen: Sie optimieren einen kleinen, sichtbaren Teil des Eisbergs, während der riesige, unsichtbare Teil unter der Wasseroberfläche Ihre Marge erodiert.

Wie Sie systematisch jede Ineffizienz in Ihrer Supply Chain identifizieren?

Um versteckte Ineffizienzen aufzudecken, müssen Sie Ihre Prozesse transparent machen. Der Schlüssel dazu liegt in Technologien wie Process Mining. Diese Methode analysiert die digitalen Spuren, die Ihre IT-Systeme (ERP, WMS, TMS) bei jeder Transaktion hinterlassen – sei es eine Bestellung, eine Warenbewegung oder eine Rechnungsfreigabe. So entsteht ein detailliertes, visuelles Abbild Ihrer tatsächlichen End-to-End-Prozesse, nicht der idealisierten Soll-Prozesse aus dem Handbuch. Process Mining deckt Abweichungen, Engpässe und unerwünschte Schleifen auf, die manuell unentdeckt bleiben würden.

Stellen Sie sich vor, Sie könnten sehen, warum bestimmte Lieferungen immer wieder verspätet sind oder warum der Purchase-to-Pay-Prozess bei bestimmten Lieferanten doppelt so lange dauert wie geplant. Genau das leistet Process Intelligence. Es quantifiziert die Auswirkungen dieser Abweichungen in Zeit und Kosten und liefert so eine objektive Grundlage für gezielte Optimierungsmaßnahmen. Der Trend ist eindeutig: Laut einer Forrester-Studie wollen 61 % der Entscheider in deutschen Unternehmen Process Mining in den kommenden Monaten evaluieren oder einsetzen, um ihre Geschäftsabläufe zu verbessern.

Dieses Diagramm illustriert, wie Process Mining komplexe Datenflüsse visualisiert, um Engpässe und ineffiziente Pfade in der Lieferkette aufzudecken.

Visualisierung von Process Mining zur Identifikation von Ineffizienzen in der Lieferkette

Ein praktisches Beispiel aus der deutschen Industrie zeigt das enorme Potenzial: thyssenkrupp Rasselstein setzte Process Mining ein, um über 49.000 LKW-Bewegungen zu analysieren. Die Analyse offenbarte Ineffizienzen in der Fahrzeugauslastung und Routenplanung. Durch eine intelligentere Steuerung konnte nicht nur die Effizienz gesteigert, sondern auch ein Einsparpotenzial von 4.500 Tonnen CO₂ identifiziert werden. Dies zeigt, dass Prozessoptimierung und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen können.

Der systematische Ansatz besteht also darin, datengestützte Werkzeuge zu nutzen, um die Realität abzubilden, Abweichungen vom Idealprozess zu identifizieren, deren Ursachen zu analysieren und die finanziellen Auswirkungen zu quantifizieren. Dies schafft die Faktenbasis, um Prioritäten zu setzen und Investitionen in die Prozessverbesserung zu rechtfertigen.

Eigenfertigung oder Fremdbezug: welche Entscheidung Ihre Marge maximiert?

Die Entscheidung zwischen „Make or Buy“ ist eine der fundamentalsten in der Supply Chain und hat direkte Auswirkungen auf Kosten, Qualität und Flexibilität. Eine rein kostenbasierte Betrachtung, die nur die direkten Produktions- oder Einkaufspreise vergleicht, ist jedoch gefährlich kurzsichtig. Sie ignoriert strategische Faktoren, Risiken und versteckte Prozesskosten. Eine intelligente Entscheidung muss die gesamte Wertschöpfungskette und die langfristige Unternehmensstrategie einbeziehen. Insbesondere für deutsche Unternehmen spielt das Siegel „Made in Germany“ oft eine entscheidende Rolle für die Markenpositionierung und den Marktzugang, was bei einer reinen Kostenrechnung unter den Tisch fallen würde.

Ebenso müssen die Risiken des Know-how-Verlusts bei der Auslagerung von Kernkompetenzen quantifiziert werden. Was heute als Kosteneinsparung erscheint, kann morgen zu einer fatalen Abhängigkeit von einem Lieferanten führen, der zum Konkurrenten wird. Hybridmodelle, bei denen Kerntechnologien im eigenen Haus verbleiben (z. B. 70 % Eigenfertigung) und Standardkomponenten fremdbezogen werden, bieten oft die beste Balance aus Kostenkontrolle und strategischer Sicherheit.

Die geografische Dimension ist ebenfalls entscheidend. Die folgende Tabelle vergleicht die Risikoprofile von Nearshoring (z. B. Osteuropa) und Offshoring (z. B. Asien) und zeigt, dass die niedrigsten Lohnkosten nicht immer die beste Gesamtkostenbilanz bedeuten.

Kriterium Nearshoring (Osteuropa) Offshoring (Asien)
Transportkosten Niedrig Hoch
Lieferzeit 1-3 Tage 4-6 Wochen
Kulturelle Nähe Hoch Niedrig
Lohnkosten Mittel Niedrig
Flexibilität Hoch Niedrig

Diese Gegenüberstellung verdeutlicht, dass Nearshoring trotz höherer Lohnkosten durch niedrigere Transportkosten, schnellere Reaktionszeiten und höhere Flexibilität oft die wirtschaftlichere und risikoärmere Alternative darstellt, insbesondere bei volatiler Nachfrage.

Aktionsplan: Ihre 4-Punkte-Strategie für Make-or-Buy-Entscheidungen

  1. Bewerten Sie den strategischen Wert des ‚Made in Germany‘-Siegels für Ihr Produkt und Ihre Zielmärkte.
  2. Analysieren Sie die detaillierten Risikoprofile von Nearshoring (z.B. Osteuropa) gegenüber Offshoring (z.B. Asien), inklusive politischer Stabilität und Logistikrisiken.
  3. Quantifizieren Sie das Risiko des Know-how-Verlusts bei der Fremdvergabe von strategisch wichtigen Komponenten.
  4. Entwickeln Sie Hybridmodelle, z.B. mit 70% Eigenfertigung für Kernkompetenzen und Outsourcing von Standardteilen, um Flexibilität und Kontrolle zu balancieren.

Der Fehler der Lieferantenreduktion, der Sie bei Ausfällen 2 Millionen Euro kostet

Die Reduzierung der Lieferantenbasis, oft als „Supplier Consolidation“ bezeichnet, ist eine weit verbreitete Strategie zur Senkung der Beschaffungskosten. Die Logik scheint einfach: Weniger Lieferanten bedeuten größere Einkaufsvolumina pro Partner, was zu besseren Preisen und geringerem administrativem Aufwand führt. Dieser Ansatz birgt jedoch ein enormes, oft unterschätztes Risiko. Die Konzentration auf einen oder wenige Lieferanten (Single oder Sole Sourcing) schafft eine extreme Abhängigkeit. Fällt ein strategischer Lieferant aufgrund von Naturkatastrophen, politischer Instabilität, finanziellen Problemen oder Qualitätsproblemen aus, steht die gesamte Produktion still. Die potenziellen Kosten eines solchen Ausfalls übersteigen die erzielten Einsparungen um ein Vielfaches.

Die Chipkrise in der deutschen Automobilindustrie ist ein drastisches Beispiel für die fatalen Folgen von Single-Sourcing-Strategien. Die Abhängigkeit von wenigen asiatischen Halbleiterherstellern führte während der Pandemie zu Produktionsstillständen in Milliardenhöhe und zwang ganze Werke zur Kurzarbeit. Dieser Fehler, auf eine vermeintlich effiziente, aber fragile Lieferantenstruktur zu setzen, kostete nicht nur Geld, sondern auch Marktanteile und Reputation.

Aktuelle Daten des DIHK zum Lieferkettengesetz zeigen zudem eine besorgniserregende Tendenz: 23 % der großen Unternehmen ziehen sich aus Risikoländern zurück, anstatt die dortigen Lieferanten zu befähigen. Diese Fluchtbewegung kann die Konzentration auf wenige, vermeintlich „sichere“ Lieferanten weiter verstärken und die globalen Lieferketten noch fragiler machen. Eine intelligente Strategie ist nicht die pauschale Reduktion, sondern die strategische Diversifikation der Lieferantenbasis. Dies bedeutet, für kritische Komponenten ein Dual- oder Multi-Sourcing-Modell aufzubauen, idealerweise mit einer geografischen Streuung (z.B. ein Lieferant in Asien, einer in Osteuropa). Die Mehrkosten für die Pflege einer breiteren Lieferantenbasis sind eine Versicherung gegen katastrophale Ausfallrisiken.

Die Optimierung liegt nicht in der Reduzierung der Anzahl, sondern in der Verbesserung der Zusammenarbeit und Transparenz mit strategischen Partnern. Ein datengestütztes Risikomanagement, das Frühwarnindikatoren für Lieferantenausfälle nutzt, ist hierbei entscheidend, um proaktiv handeln zu können, anstatt nur zu reagieren.

Wie Sie Lead Times reduzieren und gleichzeitig Transportkosten senken?

Die Annahme, dass kürzere Lieferzeiten (Lead Times) zwangsläufig mit höheren Transportkosten (z. B. durch teurere Luftfracht) verbunden sind, ist ein weit verbreiteter Trugschluss. Tatsächlich können Prozessoptimierung und intelligente Logistikplanung beides gleichzeitig erreichen. Der Schlüssel liegt darin, die Transportkette nicht isoliert zu betrachten, sondern als integrierten Teil des gesamten Wertschöpfungsprozesses. Lange Lead Times werden oft nicht durch langsame Transportmittel verursacht, sondern durch ineffiziente Prozesse an den Schnittstellen: lange Wartezeiten im Lager, umständliche Zollabwicklungen oder unkoordinierte Sendungsaufkommen.

Eine der effektivsten Strategien ist die Konsolidierung von Sendungen. Anstatt viele kleine Einzelsendungen zu verschicken, bündelt man Warenströme zu größeren Einheiten. Dies ermöglicht den Einsatz kostengünstigerer Transportmittel (z.B. Komplettladungen statt Teilladungen) und erzeugt Skaleneffekte bei den Frachtraten. Die Implementierung eines Transport-Management-Systems (TMS) ist hierbei ein entscheidender Hebel. Eine TMS-Software ermöglicht die Echtzeit-Optimierung von Routen und Frachten und sorgt für maximale Transparenz über die gesamte Transportkette.

Die Optimierung intermodaler Transportwege, wie hier in einem deutschen Logistik-Hub dargestellt, ist ein zentraler Hebel zur Kostensenkung und Effizienzsteigerung.

Optimierung intermodaler Transportwege zur Reduzierung von Lead Times

Weitere fortgeschrittene Techniken tragen ebenfalls zur simultanen Reduzierung von Kosten und Zeit bei:

  • Cross-Docking: Eingehende Waren werden nicht eingelagert, sondern direkt für den ausgehenden Versand kommissioniert. Dies eliminiert teure und zeitaufwändige Lagerprozesse.
  • Intermodale Verlagerung: Für Langstreckentransporte innerhalb Europas kann die Verlagerung von der Straße auf die Schiene nicht nur Kosten sparen, sondern auch die Zuverlässigkeit erhöhen und die CO₂-Bilanz verbessern.
  • Predictive Analytics: Die Nutzung von KI-basierten Vorhersagen zur Prognose von Frachtvolumen ermöglicht eine proaktive Kapazitätsplanung und die Sicherung von Frachtraum zu günstigeren Konditionen.

Durch die Kombination dieser Maßnahmen wird die gesamte Logistikkette beschleunigt und effizienter gestaltet. Die Reduzierung der Lead Time ist somit nicht die Ursache für höhere Kosten, sondern das Ergebnis einer intelligenteren, prozessorientierten Planung.

Wie Sie Logistikkapazität bedarfsgerecht skalieren ohne Investitionsrisiko?

In einem volatilen Marktumfeld ist die Fähigkeit, Logistikkapazitäten schnell und flexibel an die schwankende Nachfrage anzupassen, ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Der traditionelle Ansatz, eigene Lager- und Transportkapazitäten aufzubauen (CAPEX-Investitionen), birgt jedoch ein hohes Risiko. Bei einem Nachfragerückgang führen ungenutzte Assets zu hohen Fixkosten, während bei Nachfragespitzen die eigenen Kapazitäten schnell erschöpft sind. Die Lösung liegt in einem Wechsel von einem besitzorientierten zu einem nutzungsorientierten Modell, bekannt als Logistics-as-a-Service (LaaS).

Dieses Modell basiert auf der Zusammenarbeit mit flexiblen Logistikpartnern (3PLs) und der Nutzung digitaler Plattformen. Anstatt in eigene LKW-Flotten oder Lagerhallen zu investieren, buchen Unternehmen Kapazitäten bedarfsgerecht hinzu. Dies wandelt Fixkosten in variable Kosten um und eliminiert das Investitionsrisiko. Der Schlüssel zum Erfolg dieses Modells ist jedoch eine nahtlose digitale Integration und Prozesstransparenz zwischen dem eigenen Unternehmen und den Dienstleistern. Ohne eine gemeinsame Datenbasis und automatisierte Prozesse führt Outsourcing schnell zu Kontrollverlust und neuen Ineffizienzen.

Hier kommt erneut die Process Intelligence ins Spiel. Durch die Analyse der End-to-End-Prozesse über Unternehmensgrenzen hinweg können Sie die Leistung Ihrer Logistikpartner objektiv messen und Engpässe an den Schnittstellen identifizieren. Ein Praxisbeispiel zeigt, wie AmerCareRoyal die Celonis Process Intelligence Plattform nutzte, um in Zusammenarbeit mit dem Dienstleister Emporix den Retourenprozess zu automatisieren. Durch die Eliminierung zeitaufwändiger manueller Schritte konnten sie nicht nur die Prozesskosten senken, sondern auch die Kundenzufriedenheit signifikant steigern.

Die Zukunft gehört der datengestützten Skalierbarkeit. Die Nachfrage nach den dafür notwendigen Werkzeugen wächst rasant: Fortune Business Insights prognostiziert eine jährliche Wachstumsrate von 42 % für Process Mining Software bis 2032. Diese Entwicklung unterstreicht den strategischen Wandel hin zu agilen, datengesteuerten Lieferketten, die ohne hohe Vorabinvestitionen wachsen und schrumpfen können.

Dezentrale Datenanalyse oder spezialisiertes Analytics-Team: was besser passt?

Prozessschwachstellen sind die heimlichen Effizienzkiller eines Unternehmens. Und nur mit Process Mining werden sie sichtbar.

– Professor Wil van der Aalst, Chief Scientist bei Celonis

Die Erkenntnis, dass datengestützte Prozessanalyse der Schlüssel zur Effizienz ist, wirft eine wichtige organisatorische Frage auf: Wer soll diese Analysen durchführen? Sollte man ein zentrales, hochspezialisiertes Analytics-Team (Center of Excellence, CoE) aufbauen oder die Analysekompetenz dezentral in den Fachabteilungen bei sogenannten „Citizen Data Scientists“ ansiedeln? Die Antwort ist nicht universell, sondern hängt stark von der Unternehmensgröße und -kultur ab.

Ein zentrales Analytics-Team bietet den Vorteil einer hohen Standardisierung, Governance und Skalierbarkeit. Es kann komplexe, unternehmensweite Analysen durchführen und sicherstellen, dass Methodik und Datenqualität konsistent bleiben. Dieser Ansatz ist besonders für große Konzerne geeignet, in denen eine einheitliche Steuerung unerlässlich ist. Der Nachteil kann jedoch eine gewisse Distanz zum operativen Geschäft sein, was zu längeren Umsetzungszyklen und Analysen führt, die die spezifischen Bedürfnisse einer Abteilung nicht immer treffen.

Ein dezentraler Ansatz mit „Citizen Data Scientists“ – also Fachexperten aus Logistik, Einkauf oder Produktion, die mit benutzerfreundlichen Analyse-Tools arbeiten – fördert hingegen Agilität und schnelle Problemlösungen. Diese Mitarbeiter kennen ihre Prozesse im Detail und können Analysen direkt auf ihre täglichen Herausforderungen anwenden. Dieser Ansatz ist ideal für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), wo Flexibilität und kurze Entscheidungswege entscheidend sind. Das Risiko hierbei ist eine mangelnde Standardisierung und die Gefahr von „Analyse-Silos“.

Die folgende Tabelle gibt eine klare Empfehlung für die passende Strategie je nach Unternehmensgröße:

Unternehmensgröße Empfohlene Strategie Vorteile
KMU (bis 500 MA) Dezentrale Citizen Data Scientists Schnelle, flexible Analysen
Mittelstand (500-3000 MA) Hybridmodell mit CoE Balance aus Standards und Agilität
Konzern (3000+ MA) Zentrales Analytics-Team Governance und Skalierung

Für viele mittelständische Unternehmen erweist sich ein Hybridmodell als optimal. Dabei gibt ein kleines, zentrales CoE die strategische Richtung, die Tools und die Standards vor, während dezentrale Analysten in den Abteilungen die operative Umsetzung vorantreiben. Dies kombiniert die Vorteile beider Welten: strategische Steuerung und operative Agilität.

Das Wichtigste in Kürze

  • Echte Kostenoptimierung fokussiert auf unsichtbare Prozessineffizienzen, nicht nur auf sichtbare Ausgaben.
  • Process Mining ist das entscheidende Werkzeug, um die tatsächliche Prozess-DNA sichtbar zu machen und Engpässe zu identifizieren.
  • Strategische Diversifikation (Multi-Sourcing) ist eine Versicherung gegen teure Ausfälle und oft klüger als pauschale Lieferantenreduktion.

Wie Sie Ihre Lieferkette krisenfest machen und Ausfallrisiken um 70 % reduzieren

Eine optimierte Lieferkette ist nicht nur kosteneffizient, sondern vor allem resilient. Die Krisen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die Fähigkeit, auf unvorhergesehene Störungen schnell und effektiv zu reagieren, überlebenswichtig ist. Krisenfestigkeit (Resilienz) ist kein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis einer bewussten strategischen Ausrichtung, die auf Transparenz, Agilität und Risikodiversifikation basiert. Der prozessorientierte Ansatz, den wir bisher verfolgt haben, ist die Grundlage dafür.

Die systematische Identifikation von Prozessschwächen mit Tools wie Process Mining ist der erste Schritt zur Resilienz. Denn jede Prozessabweichung, jeder Engpass ist eine potenzielle Schwachstelle im Krisenfall. Unternehmen, die diesen Weg gehen, sind erfolgreicher: Eine Forrester-Studie bestätigt, dass 90 % der Unternehmen, die Process Mining einsetzen, ihre Prozessverbesserungsziele erreichen. Sie eliminieren nicht nur Kosten, sondern auch die Risiken, die in ineffizienten Abläufen schlummern.

Der nächste Schritt ist der Aufbau proaktiver Frühwarnsysteme. Anstatt auf eine Krise zu reagieren, wenn sie bereits eingetreten ist, müssen Sie Indikatoren überwachen, die auf zukünftige Probleme hindeuten. Dies lässt sich durch ein digitales Notfall-Cockpit realisieren, das relevante externe und interne Daten in Echtzeit zusammenführt und analysiert. Ein solches Cockpit sollte folgende Elemente integrieren:

  • Integration von Frachtraten-Indizes zur Prognose von Transportkostenentwicklungen.
  • Echtzeit-Monitoring von Rohstoffpreisen und -verfügbarkeiten.
  • Tracking von politischen Stabilitätsindizes für kritische Lieferantenländer.
  • Einbindung von Wetterdaten, um z.B. das Risiko von Rheinniedrigwasser für die Binnenschifffahrt zu simulieren.
  • Automatische Alerts, die bei der Überschreitung kritischer Schwellenwerte ausgelöst werden.

Durch die Kombination aus einer tiefen Kenntnis der eigenen Prozesse und einem vorausschauenden Blick auf externe Risikofaktoren verwandeln Sie Ihre Lieferkette von einer reaktiven in eine proaktive, krisenfeste Organisation. Sie senken nicht nur Ihre laufenden Kosten, sondern reduzieren auch das Risiko teurer Ausfälle signifikant.

Beginnen Sie noch heute damit, Ihre Prozesse zu durchleuchten und Ihre Lieferkette systematisch zu optimieren. Der Weg zu 18 % Kostenreduktion und einer krisenfesten Supply Chain beginnt mit dem ersten datengestützten Einblick.

Geschrieben von Michael Weber, Michael Weber ist Diplom-Wirtschaftsingenieur mit Schwerpunkt Logistik und über 18 Jahren Berufserfahrung in globalen Supply-Chain-Netzwerken. Als Vice President Supply Chain Management eines internationalen Automobilzulieferers verantwortet er die Resilienzstrategie und Beschaffungsoptimierung für über 200 Lieferanten weltweit.